Kapitel 7
Ein Interview im Video ist ebenso wirkungsvoll wie schwierig. Egal, ob im Familien-, Urlaubs- oder Imagevideo, nahezu jede Art von Video gewinnt durch ein Interview – wenn du einiges dabei beachtest. Persönlich und weniger distanziert als ein (unsichtbarer) Sprecher wird ein Interviewpartner in deinem Video als Experte wahrgenommen. Seine Aussagen besitzen einen hohen Authentizitätswert. Er spricht Zuschauer direkt an und ist in seiner Wirkung überzeugender als die Stimme eines unsichtbaren Kommentators.
Ein Interview soll dazu beitragen, deine (Video-)Geschichte überzeugend, spannend, interessant und glaubwürdig zu erzählen.
Am Beginn der Vorbereitung steht die Frage nach der konkreten Funktion des Interviews beim Erzählen der Videogeschichte.
Wenn die inhaltliche Richtung des geplanten Interviews deutlich umrissen ist, formuliere konkrete Fragen, die während des Interviews nach einer Antwort verlangen. Diese Fragen, natürlich auf einem Blatt Papier, bilden das spätere Gesprächsgerüst. Als Neuling bei der Führung von Interviews kann es sehr hilfreich sein, die zu stellenden Fragen schriftlich auszuformulieren.
Jeder Interviewpartner ist dankbar, wenn:
Beides ist schlechter Stil. Zuschauer bemerken solche »Tricks« schnell und reagieren darauf – zu Recht – mit eisiger Ablehnung und Verachtung.
Deine Interviewpartner werden häufig keine Profis darin sein, das erste Mal vor einer Kamera zu sitzen, um Fragen zu beantworten. Verwickle sie in ein Gespräch und stelle dabei deine Fragen. Mit dieser Interviewtechnik »kitzelst« du Antworten aus deinem Gegenüber, die du beim sturen Abarbeiten eines Fragespiegels nicht bekommst. Aus einem solchen lockeren Gespräch die für das Video passenden Antworten herauszuschneiden, ist eine mühsame Angelegenheit.
Es gibt Interviewpartner, die kommen bei einem Gespräch so richtig ins Erzählen. Das nervt? Lass sie, unterbrich sie nicht! Auch wenn es schwierig ist, aus langen Monologen die Antworten später mit dem Programm herauszuschneiden. Manchmal hilft es auch, die Frage(n) noch einmal zu stellen und zu hoffen, dass die erneute Antwort weniger »eingepackt« ist.
Nicht jeder Interviewer möchte im fertigen Video zu sehen oder zu hören sein. Ansonsten entstehen nicht verarbeitbare Gesprächsfetzen, deren weitere Verwendung praktisch unmöglich ist. Der Befragte muss in seiner Antwort auf die ihm gestellte Frage direkt eingehen:
Beispiel: Frage nicht in Antwort berücksichtigt
Interviewer: »Sind Sie zufrieden mit dem neuen Produkt Ihres Unternehmens?«
Interviewter: »Ja.«
Die Antwort »Ja« lässt keinen Schluss auf die Frage nach dem Produkt zu. Die Antwort ist unbrauchbar.
Beispiel: Frage in Antwort
Interviewer: »Sind Sie zufrieden mit dem neuen Produkt Ihres Unternehmens?«
Interviewter: »Das neue Produkt unseres Unternehmens ist eine echte Innovationsgranate und wir sind sehr stolz darauf.«
Diese Antwort ist auch ohne die unhörbare Frage verwendbar.
Unerfahrenen Interviewpartnern fehlt es an Erfahrung, vor der Kamera natürlich zu erscheinen. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie es bei ihrem »Auftritt« vor der Kamera besonders »gut« meinen und genau deshalb bei Wort und Gestik unnatürlich wirken.
Solche Reaktionen sind sehr menschlich. Versuche, sie bereits bei der Vorbereitung abzumildern und eine gute Atmosphäre zu schaffen.
Wenn der Interviewpartner direkt in die Kamera sieht, hat der Zuschauer das Gefühl, direkt angesprochen zu werden. Das kann sehr persönlich wirken, aber auch aufdringlich.
Gänzlich ungeeignete Einstellungsgrößen (Seite 63) für Interviews gibt es kaum. Die Totale könnte dazu gezählt werden, auch Detail-Aufnahmen sind bei Interviews eher selten. Unbedingt geeignete Formate sind Halbnah-, Nah- und Groß-Einstellung. Füllt der Interviewte das Bild, sollte er (möglichst) in die offene Bildseite hinein sehen.

Abb. 7.1: Interview – Blick von der geschlossenen in die offene Bildseite
Auch bei Interviews gilt: Was soll erzählt werden und wie?
Keine Nachrichtensendung vergeht ohne Interview mit einem Minister, einem bekannten Sportler oder einem irgendwie betroffenen Bürger. Kurz und knapp geht es dabei zu. Die pure Information steht im Vordergrund und häufig sitzt Zeitdruck den Drehteams im Nacken. Du aber wirst dir Zeit nehmen für deine Interviewpartner. Suche daher für das bevorstehende Gespräch einen Drehort, der ungestörtes Arbeiten ermöglicht und die Chance bietet, die Location zum Baustein deiner Geschichte zu machen.
Lass eine Erzieherin nicht in einem sterilen Büro Fragen über frühkindliche Entwicklung beantworten. Ein Gruppenraum, spielende Kinder im Hintergrund, das ist ihre gewohnte Umgebung. Hier fühlt sie sich wohl und kann entspannt Fragen beantworten.
Ob eine von dir interviewte Person sitzt, steht oder läuft, ist gleichgültig. Hauptsache, du bleibst mit ihr in engem Kontakt. Unwichtig ist auch, ob du im Bild zu sehen bist. Viele Interviews werden ohne sichtbaren Interviewer gedreht. Hauptsache, der enge Kontakt zu deinem Gegenüber geht nicht verloren.

Abb. 7.2: Interview in gewohntem Umfeld 1 – Chirurg im OP

Abb. 7.3: Interview in gewohntem Umfeld 2 – Komponist mit Partitur
Platzierst du den Interviewpartner in einer für ihn typischen Umgebung, vermittelt das – wortlos – etwas über ihn.
Der Zuschauer »erlebt« die häusliche Umgebung, fiebert gespannt in der Umkleide des Fußballklubs auf das anstehende Spiel oder lernt die Arbeitsstelle kennen.
Mit der Aufnahmequalität der Gespräche bist du zufrieden, solange sich der Gesprächspartner in deiner unmittelbaren Nähe befindet und Umgebungsgeräusche das Gespräch nicht beeinträchtigen.

Abb. 7.4: Mikrofon extern – RØDE Lavalier
Der Wunsch nach Bewegungsfreiheit bei der Bildgestaltung bei gleichbleibend gutem Ton bringt dich auf den Gedanken, den Gesprächspartner über ein externes Mikrofon aufzunehmen.
Bei Videomachern sind sie sehr beliebt: Lavalier-Mikrofone. Einfach anzuschließen, im Bild kaum zu sehen und per Clip sicher an der Kleidung zu befestigen, sorgen sie für einen sehr guten Ton.
Der Anschluss per Kabel – die gibt es bis zu mehreren Metern Länge – ist bei Android-Smartphones direkt an der 3,5-mm-Buchse und bei einem iPhone ab Version 7 über einen entsprechenden Adapter möglich.
Wenn die Länge des Kabels nicht ausreicht oder als latente Stolperfalle empfunden wird, lohnt bei regelmäßigem Einsatz und vorhandenem Budget die Anschaffung einer drahtlosen Lösung.
Zur Grundausrüstung der drahtlosen Übertragung braucht es außer dem Mikrofon einen Sender und einen Empfänger. Für die Übertragung wird das Mikrofon an einen Sender angeschlossen.

Abb. 7.5: Funkmikrofon – RØDE Wireless GO II
Dieser funkt das Signal zu einem Empfänger. Von dort wird es per Kabel zum Smartphone weitergeleitet.
Sollen später beide Gesprächspartner drahtlos übertragen werden, reicht zur Erweiterung ein zusätzlicher Sender. Die Reichweite von Sender zu Empfänger beträgt je nach Modell und bei freier Sicht 100 bis 200 Meter. Die Qualität der Übertragung wird auch höchsten Anforderungen gerecht.